Veranstaltung zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Plastisch und in einfacher Sprache machte der Referent Ottmar Miles-Paul den knapp einhundert BesucherInnen deutlich, dass die Gesellschaft allen Menschen mit Behinderungen die Hand reichen und die Voraussetzungen dafür schaffen müsse, dass eine umfassende Teilhabe möglich wird. Der Behindertenbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz verzichtete auf Juristendeutsch und versuchte, in einfachen Worten wiederzugeben, was in der “UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen” steht und welche Aufgaben der deutsche Gesetzgeber in Angriff nehmen müsse.
Streit um Worte führten nicht weiter. Man könne den Sinn des oft benutztes Wortes “Inklusion” mit einem “all inclusive”-Angebot eines Reiseveranstalters verständlich machen – jeder Reisende erwartet schließlich, dass in einem solchen umfassenden Paket auch all das erfüllt wird, was angekündigt wird. Was müssen wir alle also dafür tun, um die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Menschen mit Behinderungen umfassend an der Gesellschaft teilhaben und gleichberechtigt mit nicht-behinderten Menschen leben können?
Um einem späteren Ausschluss aus dem normalen Leben zu begegnen, müsse der Automatismus Sonderschule – Werkstätt für Behinderte – Heimunterbringung durchbrochen werden. Gemeinsame Erziehung in Kindertertageseinrichtungen und der gemeinsame Schulbesuch behinderter und nicht-behinderter Kinder, insbesondere der Übergang von Schule-Beruf, sei hier von überragender Bedeutung. Dass dies möglich ist, zeigten die skandinavischen Länder: Während dort 80 Prozent eine Regelschule besuchen, seien dies bei uns nur ca. 15 Prozent. Davon hängen wiederum die späteren Beschäftigungschancen ab – der jetzt weitgehend bestehende Sonder-Arbeitsmarkt müsse Schritt für Schritt umorganisiert werden. Ein inklusives Bildungssystem sei eben die Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft auch im Bereich des Arbeitslebens.
Jeder behinderte Mensch müsse im Wohnbereich die Wahlmöglichkeit haben, selbst zu entscheiden, wo und wie er wohnen möchte. Dazu muss er die Hilfen dort bekommen, wo er lebt oder leben möchte (Artikel 19 UN-Konvention). Eine Separierung wirke dem Gedanken der Integration entgegen. Im baulichen aber auch im öffentlichen, kulturellen und politischen Bereich spiele die Zugänglichkeit von Gebäuden und Einrichtungen und die Kommunikationsform eine wesentliche Rolle. Barrierefreiheit sei kein Selbstzweck, sondern schaffe erst die Bedingungen zur Teilhabe.
Viele kleine Schritte seien notwendig, um das große Ziel der Inklusion zu erreichen, und jeder einzelne müsse sich auch selbst fragen, wie er dazu beitragen könne. All dies könne aber die Verantwortung der Entscheidungsträger in Staat und Gesellschaft nicht ersetzen, die Bestimmungen der UN-Konvention offensiv auf allen Ebenen umzusetzen. Seitens Betroffener und Behindertenverbände müsse auch ein moralischer Druck entwickelt werden.
Bei der erfrischenden Aussprache wurde von zahlreichen TeilnehmerInnen nach lokalen Umsetzungschancen in den Kommunen gefragt und gefordert, dass insbesondere im Bereich der schulischen Inklusion und beim Persönlichen Budget ein Richtungswechsel der Landesregierung in der Behindertenpolitik längst überfällig sei.