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Schadenersatzansprüche wegen eines mangelhaften Behindertenparkplatzes

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde

28.04.2016 – Das Bundesverfassungsgericht hat am 24. März 2016, der Verfassungsbeschwerde einer querschnittgelähmten Frau aus Schleswig-Holstein stattgegeben. Die Verfassungsbeschwerde, richtete sich gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig in einem Schadenersatzprozess wegen eines nicht behindertengerecht ausgestalteten Behindertenparkplatzes.

Die Beschwerdeführerin hatte dort im November 2009 am frühen Abend geparkt und war beim Aussteigen aus dem Auto schwer gestürzt, weil ihr Rollstuhl in einer Fuge des Kopfsteinpflasters hängengeblieben war. Sie verletzte sich am Sprunggelenk und musste im Krankenhaus behandelt werden. Ihre Schadenersatzansprüche wurden vom Landgericht Lübeck zurückgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung hatte vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht keinen Erfolg. Die Richter sahen ein überwiegendes Mitverschulden der Geschädigten, weil sie die Gefährlichkeit des Pflasterbelages dieses Behindertenparkplatzes gekannt habe.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die Verfassungsbeschwerde, der jetzt stattgegeben wurde, weil die Entscheidung des OLG gegen das Benachteiligungsverbot aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 GG verstoße. Eine verbotene Benachteiligung könne auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten gegeben sein, wenn der nicht durch Fördermaßnahmen hinlänglich kompensiert werde. Eine solche Fördermaßnahme sei die Einrichtung von Behindertenparkplätzen. Wenn dieser aber nicht behindertengerecht gestaltet sei, scheitere damit die beabsichtigte Kompensation, da die Nutzer gefährdet werden würden. In so einem Fall sei von einer Benachteiligung wegen der Behinderung auszugehen. Ein etwaiger Schadenersatzanspruch gegen die Stadt, die für die nicht sachgerechte Anlage des Behindertenparkplatzes Verantwortung trage, könne dann auch nicht an einem überwiegenden Mitverschulden der den Rollstuhl nutzenden Geschädigten scheitern: sie „nutzte doch einen Parkplatz, der gerade für Menschen mit Behinderungen vorgesehen und somit dazu bestimmt war, die gleichberechtigte Teilhabe am Alltagsleben zu ermöglichen. Daraus ist eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht der Beklagten abzuleiten, auf deren Erfüllung sich die Beschwerdeführerin verlassen durfte.”

Damit wird die Bedeutung des Benachteiligungsverbots für Menschen mit Behinderungen im Alltag spürbar gestärkt. Das Bundesverfassungsgericht hat hier klargestellt, dass Fördermaßnahmen nicht nur pflichtschuldig irgendwie betrieben werden dürfen, sondern so, dass sie ihr Ziel, die Teilhabe zu erleichtern, auch wirklich erreichen können und dabei niemanden gefährden.

Das Schleswig-Holsteinische OLG muss die Berufung nunmehr unter Beachtung dieser Grundsätze neu verhandeln.